Einladung zum Workshop

Museumsarbeit hör- und tastsinnig –
Workshop zu Bestandsaufnahme und Positionsbestimmung für die Kulturelle Vermittlungsarbeit

Die Andersicht-Jahrestagung findet vom 28. bis 31. Oktober in Schleswig statt. Wie immer ist die Ortswahl kein Zufall. Wir suchen uns stets einen Veranstaltungsort voller hör- und tastsinniger Inspiration, um auf bisherige Arbeit zurück zu schauen und Impulse für Neues zu gewinnen.

Wenn wir in Schleswig die Kulturvermittlung in Museen und Ausstellungen in den Fokus nehmen, geht es darum, wichtige Erfahrungen und Einsichten der zurückliegenden zwei Jahre festzuhalten und mit Partnern aus der Praxis der Kunstvermittlung und Ausstellungsgestaltung zu teilen.

Neuland betraten wir sowohl beim Einsatz und der Entwicklung taktiler Anschauungsmittel in der Kunstvermittlung für blinde und sehbehinderte Interessierte als auch in der Museumsarbeit mit Fokusgruppen.

Kulturvermittlung mit Abstand – was geht? Was bleibt?

Diese Frage wird sich wie ein roter Faden durch unsere aktuelle Positionsbestimmung ziehen. In Impulsreferaten und kurzer Plenardiskussion werden drei Schwerpunktbereiche diskutiert, die nach der Mittagspause und vor einer abschließenden Fazit-Runde in Gruppen besprochen werden sollen:

  • Planungs- und Entwicklungsarbeit mit Fokusgruppen;
  • Taktile Veranschaulichungsmittel in der Kulturvermittlung;
  • Zielgruppen übergreifende Sensibilisierung für verständliche Sprache.

Vor allem in der Zusammenarbeit mit dem Iwalewahaus Bayreuth, der Kunsthalle Kiel und der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen haben Mitglieder von Andersicht vor und während der Pandemie den Horizont und das Know-how erweitert. In unserem Workshop soll es um diese Aspekte gehen:

Und nun hoffen wir, dass möglichst viele Praktikerinnen und Praktiker aus dem Museumswesen unser Symposium als produktives Gesprächsangebot verstehen und den Termin als Möglichkeit zu Erfahrungsaustausch und weiterer Vernetzung aufgreifen.

Die Veranstaltungsdaten

  • Termin: 30. Oktober 2021, 10:00 bis 16:00 Uhr
  • Ort: Hotel Alter Kreisbahnhof, Königstraße 9, 24837 Schleswig
  • Teilnahmegebühr: 60,– €

Anmeldeschluss ist bei Erreichen einer Teilnehmerzahl von 40.

Und hier geht es zur Workshop-Ausschreibung:

Farbrausch

Vorbereitung einer inklusiven Ausstellung

Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte auf Schloss Gottorf hatte sich entschieden, die monografische Ausstellung Farbrausch auch für blinde und sehbehinderte Besucherinnen und Besucher zum Erlebnisraum zu machen. Das bot sich an, weil der Berliner Maler Christopher Lehmpfuhl überaus haptisch arbeitet und sich als „malender Bildhauer“ sieht. Das inklusive Angebotskonzept wird auf einer extra Service-Seite vorgestellt.

Das Erfolgskonzept Fokusgruppe

Bemerkenswert an der Entscheidung, eine maximale Zugänglichkeit für blinde und sehbehinderte Ausstellungsbesucher herzustellen, ist nicht nur, dass sie überhaupt getroffen wurde, sondern

  • dass dies schon sehr frühzeitig geschah, nämlich schon zu Beginn der Vorbereitungsarbeiten zur Ausstellung;
  • dass eine engagierte Kunstvermittlerin speziell mit dieser Aufgabe betraut wurde;
  • dass diese die Konzeption mit einer Fokusgruppe aus Expertinnen und Exxperten in eigener Sache erarbeitete;
  • dass zu dieser Fokusgruppe auch mehrere Mitglieder von Andersicht gehörten, welche verschiedene Kompetenzen einbringen konnten und
  • dass die Fokusgruppe kontinuierlich und umfassend den ganzen Vorbereitungsprozess beratend begleiten durfte.

Julia Brunner, die seitens der Kunstvermittlung für die Umsetzung des Inklusionsanspruchs zuständig war, nahm im Sommer 2020 Kontakt auf zu verschiedenen Institutionen und Organisationen, um eine möglichst breite Expertise zu mobilisieren. Dies waren

Seit August 2020 war die Fokusgruppe durch in der Regel monatliche Zusammenkünfte in den gesamten Erstellungsprozess der Inklusionsmaßnahmen einbezogen – zunächst in Präsenzveranstaltungen und dann – pandemiebedingt – per Zoom-Konferenzen, E-Mail-Verkehr und Telefonate. Wichtig für das Gelingen war, dass das Museum und sein Bereich Kunstvermittlung hinter dieser Arbeit standen, dass der Künstler selbst aufgeschlossen war und einbezogen werden konnte. Christopher Lehmpfuhl nahm sich Zeit für ein Video-Gespräch mit der im Schloss Gottorf versammelten Fokusgruppe. Dr. Ingo Borges als Kurator unterstützte die konzeptionelle Arbeit in großer Aufgeschlossenheit.

Zunächst wollte Julia Brunner von der Fokusgruppe wissen, was für die blinden und sehbehinderten Besucher wichtig ist, um eine umfassende Teilhabe zu ermöglichen. Die dabei zusammengetragenen Aspekte wurden dann in Planungsmodule übernommen. Im folgenden wird auf diese Elemente näher eingegangen.

Audioführung mit Statements des Künstlers, Bildbeschreibungen und Orientierungshinweisen

Screenshot vom eGuide. Zu sehen ist seine Benutzeroberfläche
Screenshot vom eGuide. Zu sehen ist seine Benutzeroberfläche

Unstrittig war, dass es einen Audioguide geben musste. Reizvoll war, dass Christopher Lehmpfuhl selbst durch Statements zu den verschiedenen, in der Ausstellung gezeigten Aspekten daran teilnehmen würde. Damit war auch klar, dass die Produktion in Berlin stattfinden musste.

Weitere Komponenten sollten sein

  • Beschreibungen zu ausgewählten Werken und
  • Hinweise für die Orientierung innerhalb des Ausstellungsraums.

Die Gruppe setzte als Prämisse, dass es zu jeder Station auch eine Werkbeschreibung geben sollte.

Mit der Studioproduktion wurde auf Empfehlung von Andersicht Anke Nicolai beauftragt. Sie hätte auch Autorinnen für die Audiodeskription vermitteln können, doch hatten wir diese Kompetenz bereits selbst an Bord. Anke Nicolai gehörte schon in den 2000er Jahren zum Nordteam der Filmbeschreiber um Hela Michalski. Hela Michalski (auch stellv. Vorsitzende von Andersicht) gehört zum Fokusteam. Die blinde Hörfilmautorin hat die Werkbeschreibungen für diesen Audioguide gemeinsam mit Julia Brunner erarbeitet, für die das, wie sie mehrfach und begeistert sagte, eine sehr wichtige Berufserfahrung wurde. Hier als Kostprobe eine der so entstandenen Bildbeschreibungen.

Beschreibung zum Gemälde „Selbst mit Spiegel“ von Christopher Lehmpfuhl. Beschreiberinnen: Hela Michalski und Julia Brunner.

Der ganze, sehr hörenswerte Audioguide kann bis zum Ende der Ausstellung hier abgerufen werden.

Eine Frage, die wir frühzeitig aufwarfen und mit den Erfahrungen von Andersicht auch umfassend ausleuchten konnten, war die nach der medialen Verfügbarkeit des Audioguides. Das Museum wollte eine Web-Applikation, also einen Guide, der mit jedem auf PCs, Tablets und Smartphones verwendeten Browser benutzt werden kann. Uns war wichtig, dass dieser gut bedienbar sein müsste in

  • Nutzbarkeit aller enthaltener Informationen und Bedienelemente auch per Screenreader – im Falle des am weitesten unter blinden Nutzern verbreiteten iPhone ist das VoiceOver;
  • einfache, nachvollziehbare Struktur der Benutzeroberfläche;
  • leichte Auffindbarkeit und Aufrufbarkeit des eGuides.

Länger diskutiert wurde die alternative Aufrufbarkeit der einzelnen Stationen des Rundgangs per QR-Code. Hierfür wurde dann in Konsultation mit weiteren Praxispartnern eine leicht nachvollziehbare Umsetzung gewählt. Die QR-Codes wurden auf dem Fußboden rechts neben lang gestreckten Aufmerksamkeitsfeldern im taktilen Bodenleitsystem so aufgebracht, dass sie mit der Kamera des Smartphones erkannt werden, ohne dass es nötig wird, genau auf ein kleines Code-Feld zu zielen. Das funktioniert auch tatsächlich.

Langes Aufmerksamkeitsfeld im Bodenleitsystem. Daneben QR-Code für eGuide
Aufmerksamkeitsfeld im Bodenleitsystem. Daneben QR-Code für den E-Guide © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, www.bildkunst.de

Wir drängten sehr darauf, die angebotene Browser-App rechtzeitig blind testen zu können. Das erwies sich als unbedingt richtige Vorkehrung. Tatsächlich gab es Nachbesserungsbedarf.

Zwar ist die Benutzung des Smartphones unter blinden Menschen als Kulturtechnik sehr weit verbreitet und wird recht gut beherrscht. Uns war es dennoch wichtig, eine Alternative anbieten zu können, die noch einfacher zu handhaben ist. Inzwischen hat die Nutzung von Hörbüchern einen hohen Standard erreicht. Hörbüchereien bieten sie an als Bestellung per Download. Diese gemeinnützigen Hörbüchereien sind organisiert in der Mediengemeinschaft für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen e. V. (Medibus). Unser Ansprechpartner dabei war die Norddeutsche Blindenhörbücherei (NBH) mit Sitz in Hamburg. Weil die Inhalte schon vorhanden waren, hielt sich die Nachbearbeitung in Grenzen. Die sog. DAISY-Struktur war noch darüber zu legen, das bedeutet eine Indexierung und Hierarchisierung für eine Navigation zwischen Überschriften verschiedener Ebenen und sogar einzelnen Sätzen. Das ist mittlerweile mit maschineller Unterstützung zu machen.

So ein DAISY-Hörbuch kann übrigens auch mit einfachen MP3-Playern genutzt werden. Der Audioguide zur Christopher-Lehmpfuhl-Ausstellung wurde also ganz rasch als DAISY-Hörbuch aufbereitet und durch die NBH als ZIP-Archiv zum Download bereit gestellt. Wir können uns vorstellen, dass derartige Audioguides künftig ins reguläre Ausleihverfahren per Katalog einbezogen werden.

Orientierungskonzept mit Bodenleitsystem, akustischen Wegbeschreibungen und taktilen Lageplänen

Neben der Zugänglichmachung inhaltlicher Informationen ist die Orientierung das zentrale Thema bei einem Ausstellungsbesuch blinder bzw. hochgradig sehbehinderte Besucher. Innerhalb der Ausstellung ist es hilfreich, wenn sich blinde Menschen selbständig bewegen können. Entweder sie kommen ohne sehende Begleitung oder sie möchten selbstbestimmt durch die Ausstellung gehen und ihrer Begleitung auch mal einen Freiraum geben.Bodenleitsyste

Weil wir immer auch überlegen, wie sich der Nutzen von Spezialmaßnahmen im Sinne eines Designs für alle maximieren lässt, brachten wir mit Erfolg den Vorschlag ein, die Verlegung eines Bodenleitsystems mit dem Orientierungsbedarf für die Gesamtheit der Besucher zu verknüpfen. Die Idee war, die Leitstreifen so zu verlegen, dass sie auch als Abstandsempfehlung zu den Kunstwerken zu verstehen sind.

Orientierungshinweise für blinde Ausstellungsbesucher

Nun machen Leitlinien an sich keinen Sinn, wenn wir nicht wissen, wohin genau sie uns führen sollen. Diese Informationen wurden in den Audioguide integriert. Hier daraus zwei Beispiele. Zunächst die Überblicksbeschreibung, die den blinden Besuchern eine räumliche Vorstellung vom Gebäude vermittelt.

Aus dem Audioguide zur Sonderausstellung „Farbrausch“. Beschreibung der Reithalle von Schloss Gottorf

Nachdem zu jeder einzelnen Station die Werkeinführung von Christopher Lehmpfuhl und die Audiodeskription zu einem ausgewählten Kunstwerk zu hören waren, folgt jeweils ein Orientierungshinweis, der hilft, zur nächsten Station zu gelangen. Dafür hier ein Beispiel.

Orientierungshinweise für den Weg von Station 1 zu Station 2

Wegbeschreibungen

Zum Servicepaket, das wir gemeinsam schnürten, gehören auch Hinweise für die Anreise. Hierbei kam es uns darauf an, dass möglichst alle wesentlichen Optionen berücksichtigt würden:

  • Die Zielgruppe ist differenziert in blinde Besucher, die allein reisen oder in Begleitung;
  • Blinde Besucher, die sich mit dem Langstock orientieren oder mit einem Führhund unterwegs sind;
  • Besucher, die mit der Bahn anreisen und dann mit dem Bus zur Schlossinsel fahren;
  • Reisende, die vom Bahnhof ein Taxi bevorzugen;
  • Menschen, die mit einem Auto auf die Schlossinsel gebracht werden.

Die Wegbeschreibungen hat dann ein Team von Andersicht e. V. erstellt. Es bestand aus dem sehenden Rehabilitationslehrer Karl Elbl und dem blinden Stockgänger Jürgen Trinkus.

Nach gemeinsamer Geländeerkundung haben sich Karl Elbl und Jürgen Trinkus vor der Reithalle unter das Ankündigungsschild der Ausstellung gestellt
Karl Elbl und Jürgen Trinkus vor dem Ausstellungsort Reithalle

Andersicht hat schon zahlreiche Wegbeschreibungen gestellt und geht auf dieses Thema in einem gesonderten Beitrag ein.

Tastobjekte und Mitmach-Angebote

Tastobjekte

Das Budget sah vor, zwei Bildwerke in tastbare Objekte umzusetzen. Die Fokusgruppe entschied in einer gründlichen Diskussion, welche Werke umgesetzt werden sollten. In der Diskussion spielte eine wesentliche Rolle, welche prägenden Momente aus Lehmpfuhls Exponaten sollen sinnfällig gemacht werden und welche eignen sich dafür. Expressivität und Gestaltungstechniken sollten fühlbar werden. Es war klar, dass dies nur möglich wird, wo vereinfachende Darstellungen vertretbar und zielführend sind und bei der Umsetzung ein Maximum an Gestaltungsmomenten vermittelt werden kann.

Die Entscheidung fiel für ein Werk aus dem Bereich der Berglandschaften und eines aus den Stillleben.

Die Aufträge wurden dann ausgeschrieben, und die Bewerbungen zweier Agenturen wurden durch die Fokusgruppe diskutiert. Als die Entscheidung für Inkl. Design gefallen war, wurden die Umsetzungskonzepte in einer Videokonferenz mit der Agentur diskutiert. Anregungen und Wünsche aus der Gruppe fanden Eingang in die endgültige Gestaltung der ausgewählten Objekte.

Die Audiodeskriptionen zu den Tastobjekten verdeutlichen, worauf es ankam.

Beschreibung zum Tastmodell Glockner-Duett
Das Tastmodell zum Gemälde Glockner-Duett
Tastmodell „Glockner-Duett“ in der Christopher-Lehmpfuhl-Aussellung „Farbrausch“, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, www.bildkunst.de

Besonders intensiv hat sich die Fokusgruppe mit dem Tastmodell Gläser-Stillleben auseinandergesetzt, ging es doch darum, Perspektive handgreiflich zu machen. Das ist ein besonders schwieriges Ding für Früherblindete, die nicht auf eigene Seherfahrung zurückblicken können.

Beschreibung zum Gläser-Stillleben
Tastmodell Gläserstillleben von christopher Lehmpfuhl in der Sonderausstellung „Farbrausch“ © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, www.bildkunst.de  Bild 6:
Tastmodell Gläserstillleben von Christopher Lehmpfuhl in der Sonderausstellung „Farbrausch“ © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, www.bildkunst.de

Der Mitmach-Raum

Bärbel Wolter erklärt Jürgen Trinkus ein Tastbild
Bärbel Wolter erklärt Jürgen Trinkus ein Tastbild

Das Landesförderzentrum Sehen war direkt beteiligt durch die zwei Kunsterzieherinnen und Sonderschulpädagoginnen im Ruhestand Barbara Wolter und Susann Lokatis-Dasecke. Im Jahr 2008 erschien ihr Standardwerk Gemeinsam kreativ: Integrativer Kunstunterricht mit blinden Schülerinnen und Schülern bei der Edition Bentheim. Ihr Beitrag zur Lehmpfuhl-Ausstellung war vor allem die Gestaltung eines „Mitmach-Raums“. Darin wurden Formen und Farben aus den Gemälden der Ausstellung tastbar gemacht, sodass sich interessierte Besucherinnen und Besucher mit dieser anderen Wahrnehmungsweise auseinandersetzen können und die Möglichkeit zu eigenen Tast-Erfahrungen bekommen.

Weitere Handreichungen

Blick auf die Broschüren und den Lageplan
Ausleihbare Broschüren und Lagepläne für blinde und sehbehinderte Besucherinnen und Besucher © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, www.bildkunst.de

Blinde Ausstellungsbesucherinnen und -besucher können mit ihren Tickets auch eine kleine Übersichtsbroschüre in Brailleschrift und einen Lageplan für die Schlossinsel und das Ausstellungsgebäude Reithalle erhalten. Die Infobroschüre gibt es auch im Großdruck. Die Braillebroschüre wurde vom Blindeninformationszentrum BLIZ des Blinden- und Sehbehinderten-Vereins Hamburg gedruckt. Der Lageplan wurde von Inkl.Design entworfen und im Landesförderzentrum Sehen als Schwellkopie vervielfältigt.

Personalschulungen

Der Umgang mit blinden oder hochgradig sehbehinderten Ausstellungsbesucherinnen und -besuchern ist für freie und feste Museumsmitarbeiter nicht unbedingt alltäglich.

Sowohl Andersicht als auch der BSVSH boten solche Schulungen an, die von den festen und freien Museumsmitarbeitern auch genutzt wurden.

Solche Schulungen helfen sehr wesentlich, Unsicherheiten im Umgang mit blinden und sehbehinderten Menschen abzubauen.

  • Wie spreche ich eine Person an, die mich nicht sieht?
  • Wie erkläre ich einen Raum einen Weg?
  • Wie begleite ist nichtsehende Menschen durch eine Tür, über eine Treppe zu einem Objekt?
  • Wie stelle ich Körperkontakt zu einem Objekt her, was ertastet werden kann?

Diese und viele weitere Fragen werden vom erfahrenen und bewährten Andersicht-Schulungsteam Dolle/Lossmann in Verbindung mit viel Wissenswertem über Blindheit und Sehbehinderung in praktischen Übungen vermittelt, was unter Pandemie-Bedingungen leider nur sehr eingeschränkt möglich war.

Ein kleines Fazit

In die inklusive Gestaltung der Christopher-Lehmpfuhl-Ausstellung ging eine Vielzahl von Leistungen ein, die gründlich mit Experten in eigener Sache besprochen und auf deren Bedürfnisse hin optimiert wurden. Auch bei der Wahl der Dienstleister wurden Ratschläge aus der Fokusgruppe dankbar geprüft und oft auch berücksichtigt. Dank der Kontakte und Erfahrungen mehrerer Fokusgruppenmitglieder darf am Ende resümiert werden, dass auch alle Leistungserbringer gute Arbeit lieferten.

Das Ergebnis der Arbeit kann sich sehen, hören und fühlen lassen.

27.04.2020: Fernsicht durch Andersicht

Ist es möglich, einen Aussichtspunkt inklusiv zu gestalten? Diese Frage stand am Beginn einer innovativen Entwicklung in unserem Projektverein Andersicht.

In der Gemeinde Nordstrand fanden wir einen aufgeschlossenen Partner. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit war gewachsen bei der Entwicklung des barrierefreien Weges auf der Krone des neuen Klimadeichs. Dessen Stationen sind bereits in unserem sprechenden Deichkiek so beschrieben, dass auch blinde Menschen diesen Weg selbständig erkunden können.

Momentaufnahme von den Aufbauarbeiten auf dem Klimadeich am 27.04.2020

Was hier entwickelt wurde, soll allen Besuchern der Insel- und Halligwelt nützlich sein. Wer durch das Fernrohr blickt, bekommt erzählt, was er vor den Augen hat – und sogar bei schlechter Sicht erfahren die Interessierten, was sie sehen könnten, wenn die Sicht ungetrübt wäre.

Die Beschreibungen sind mit dem Anspruch entstanden, dass auch blinde Besucher ein Bild von der amphibischen Landschaft bekommen.

Die Beschreibungen in Form von Hörtexten können ausgelöst werden durch die Drehbewegungen des Fernrohrs, aber auch durch die Finger, der die Landschaft auf der beigestellten Relieftafel erkunden.

Möglich wurde die Herstellung des dreisinnigen Aussichtspunktes durch die Förderung aus Mitteln des Fonds für Barrierefreiheit durch den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein und mit Ko-Finanzierung durch die Gemeinde Nordstrand. 

Hier die Mitteilung auf den offiziellen Seiten von Schleswig-Holstein.de.

Nachtrag aus gegebenem Anlass

Eigentlich sollte es Ende April eine feierliche Einweihung geben. In den Corona-Zeiten war dies leider nicht möglich. Aber wenn nun bald die Touristen kommen, erwartet sie ein komplettierter Panoramaweg mit Infotafeln und Verweilplätzen und nun eben auch dem einzigartigen Fernrohr.

03.11.2012: Zwischen den nordischen Hörfilmforen

Timmendorfer Strand/Lübeck. Der Hörfilmtag im Rahmen der 55. Nordischen Filmtage war der Höhepunkt eines langen Wochenendes rund um die Audiodeskription. Das Hörfilmforum 2013 ist bereits in Planung.

Großes Kino auch für blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen

Zwar wird die Versorgung mit Hörfilmen im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen zunehmend breiter und besser, aber das Kinoerlebnis bleibt noch die große Ausnahme. Die schönste Ausnahme für uns war nun schon zum 6. Mal das wichtigste Festival des nordeuopäischen Filmes: die Nordischen Filmtage Lübeck. Zwei Vorstellungen im Saal 7 des Cinestar Filmpalasts boten die Möglichkeit, mit Hilfe eines UHF-Funkempfängers einen Zusatzkommentar zu empfangen, der die rein visuellen Momente des Films erklärte. Pro Vorstellung waren mehr als 50 Interessenten der Audiodeskription gekommen.

Der Moderator der Veranstaltung im Rahmen des Nordischen Filmforums erklärte dem Rest des Publikums, was es mit Audiodeskription auf sich hat; und Hela Michalski von Nordteam im Hörfilm e. V. bekam die Möglichkeit, diese Erläuterungen zu ergänzen. Vor allem das Erlebnis der Weltpremiere von „Arnes Nachlass“ nach einem Roman von Siegfried Lenz und des anschließenden Gesprächs mit Produzent, Regisseur, Drehbuchautor und Darstellern war Festivalkost vom Feinsten.

Eigentlich hätte auch Anne Moll (externer Link):  nach vorn gehört. Zumindest für die Genießer des Hörfilmkommentars war sie die Stimme, die gekonnt durch den Film führte. Und zu würdigen ist auch die Bert-Mettmann-Stiftung, (externer Link):  Logo: Bert-Mettmann-Stiftung, die uns die Tonübertragung und die Aufwendungen zum Hörfilmforum finanzierte.

Wie ein Hörfilm entsteht…

Das war bereits am 02.11.2012 zu erleben im Aura-Hotel Timmendorfer Strand, wo der Hauptteil des Hörfilmforums stattfand. Ein hervorragend besetztes Beschreiberteam aus Hela Michalski, Haide Völz und Olaf Koop machte sich daran, mit den 30 Anwesenden einen Hörfilmkommentar zu dem ausgezeichneten film „Carlotta und die Wolke“ (externer Link): zu erarbeiten. Ein ganzer Vormittag reichte nicht aus, die hälfte des 10-minütigen Films zu erarbeiten.

Wann soll das Kind beim Namen genannt werden, das zwar im Titel „Carlotta“ heißt, aber im Film eigentlich nur ein Mädchen ist? Welche Informationen lassen sich in 3-5-sekündigen Dialogpausen unterbringen? Und manches der Bilder ist ja auch wirklich uneindeutig, wird von vielen Leuten auf vielerlei Art gesehen.

In Timmendorfer Strand fanden sich Leute zusammen, die dafür sorgen wollen, dass der poetische Film bis zu den 55. Nordischen Filmtagen 2013 eine Audiodeskription bekommen hat.

Gemeinsam mit dem Norddeutschen Rundfunk

Alle Hörfilmproduktionen, die seit 2007 im Rahmen der Nordischen Filmtage zum Einsatz kamen, hat der NDR beauftragt. Das NDR-Projektteam „Barrierefreier Rundfunkzugang“ stellte sich bereits im Vorjahr der Diskussion unseres Forums. In diesem Jahr bescherte uns der Sender das Pre-Viewing dreier Folgen der Kultreihe „Neues aus Büttenwarder“. Die Hörfilmautoren nutzten die Gelegenheit zur Begegnung mit blinden/sehbehinderten Filmfreaks. Die geknüpften Fäden sollen nicht abreißen, auch dann nicht, wenn es mal unbequeme Debatten zu bestehen gibt.

Wir wollen international werden

Audiodeskription in Schweden und bildet selbst seit 20 Jahren Beschreiber aus.

Zu den Programmpunkten 2012 gehörte auch eine Informationsstunde über Audiodeskription in Schweden und Finnland. Die Kontakte werden ausgebaut, und bestimmt kommen im nächsten Jahr auch die Finnen.

Was wir planen

Echo und Verlauf der Veranstaltung 2012 motivieren zur Weiterführung. Die Veranstaltung soll auch künftig an die Nordischen Filmtage gekoppelt bleiben. Somit kann der Termin schon vorgemerkt werden: 31.10. – 03.11.2013. Auch die wichtigen Themen liegen auf der Hand. Es wird zu schauen sein, wie es der ARD gelingt, bei der geplanten weitreichenden Ausdehnung der Programmabdeckung mit Hörfilmangeboten die Qualität zu halten. Zum anderen wollen wir uns der deutschen Filmförderung zuwenden, in deren Richtlinien jetzt auch die Audiodeskription verankert ist. Wir planen einen Programmpunkt zum Kinder- und Jugendfilm und wollen bei alledem die Bitte einiger Teilnehmer erfüllen, noch Raum für individuelle Gespräche zu lassen. Veranstaltungsort wird wieder das „Aura-Hotel Timmendorfer Strand“ (externer Link): sein, das uns gute Rahmenbedingungen bot.

11.5.2009: „Augen im All“ die erste Planetariumsshow mit Audiodeskription

Als Kooperationspartner des Mediendoms der FH Kiel hat Andersicht für diese Fulldome-Produktion die Erstellung eines Zusatzkommentars für Blinde übernommen. „Augen im  All“ entstand als Beitrag zum Internationalen Astronomischen Jahr 2009 im Auftrag der Europäischen Raumfahrtagentur ESA.

Historische Aufnahme aus dem Tonstudio, wo die Tonspur für die Audiodeskription zur Kuppelshow-Produktion aufgenommen und abgemischt wurde.
Mischpult im Tonstudio für die Tonabmischung der Audiodeskription

Ermöglicht wurde die Filmbeschreibung, die hiermit erstmals nach den Sternen greift, Dank einer Förderung durch die Bordesholmer Sparkasse und die Filmwerkstatt Kiel, eine Einrichtung der Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein. Einen knappen Monat nach der Weltpremiere der Kuppelschau in den Großplanetarien Berlin, Wien und Luzern wird die erste Aufführung mit Zusatztonspur für Blinde am  5. Juni um 18:00 Uhr im Mediendom der FH Kiel stattfinden.

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