17.05.2020 Digital zum internationalen Museumstag

andersichtige Führungen, heute im Iwalewahaus Bayreuth

Berührt geführt – heißt der Leitspruch, unter dem sich der Kunsthistoriker Philipp Schramm schon lange um die Zugänglichmachung bildender Kunst für Menschen engagiert, die nicht mit eigenen Augen auf Entdeckungsreise gehen können. Seit einigen Wochen bietet er via Skype Touren durch die Museen dieser Welt an. Zum internationalen Museumstag 2020 führte er live durch die im Aufbau befindliche Sommerausstellung des Iwalewahauses, wo er derzeit selbst aktiv beteiligt ist am Aufbau der Sommerausstellung.

Philipp Schramm

Digitale Museumsführungen sind nichts Einzigartiges mehr seit eine Pandemie den realen Ausstellungsbetrieb heruntergefahren hat. Eine virtuelle Führung auch für blinde und sehbehinderte Menschen dagegen ist so selbstverständlich nicht. Seit einigen Wochen bietet Philipp Schramm für Interessierte Online-Treffs per Skype an. Blinde wie sehende Teilnehmer saßen bei diesen Video-Schalten gleichermaßen gebannt vor ihren heimischen Computern, um sich in den Prado, das Metropolitan, das Musee d’Orsay und die Uffizien in Florenz führen zu lassen. Zum internationalen Museumstag hatte er ein ganz besonderes Event auf die Tagesordnung gesetzt.

Diejenigen in Hessen oder im weiter entfernten Schleswig-Holstein, die sich per Videochat zugeschaltet hatten, wurden von Philipp Schramm, seiner Chefin Katharina Fink und dem Kurator Francis Regis Hitimana im Iwalewahaus begrüßt und durch Arbeits- und Ausstellungsräume geführt. Verschiedene Exponate wurden besprochen und lebendig beschrieben.

Besonderer Stolz der Ausstellungsgestalter, die sich der Inklusion sehr verpflichtet fühlen, ist ein Bodenleitsystem für Blinde, das mit seinem praktischen Nutzen zugleich in die Raumästhetik der Ausstellungsräume integriert ist.

Ästhetik des Bodenleitssystems im Iwalewahaus
Museumsraum mit Leitlinien zu den verschiedenen Räumen

Das imaginäre Museum – so soll es digital weiter gehen

Philipp Schramm hat in mehreren Sessions seine Technik vervollkommnet und ist nun in der Lage, reale und virtuelle Museumsbesuche online inklusiv zu präsentieren.

Bei der Namensgebung für sein Angebot ließ sich Philipp Schramm von einem Essay des Schriftstellers und einstigen französischen Kulturministers André Malraux anregen. Dieser hat 1947 das Musée Imaginaire als inklusives europäisches Forum beschrieben. Ein Ort der Begegnung und des Austausches, ein Ort der Visionen und der grenzüberschreitenden Kommunikation. Malraux‘ Ideale kommen unserer Vorstellung von Museum ziemlich nahe, meint Philipp Schramm, der dieses Angebot mit seiner Firma „berührt-geführt“ ausbauen wird.

27.04.2020: Fernsicht durch Andersicht

Ist es möglich, einen Aussichtspunkt inklusiv zu gestalten? Diese Frage stand am Beginn einer innovativen Entwicklung in unserem Projektverein Andersicht.

In der Gemeinde Nordstrand fanden wir einen aufgeschlossenen Partner. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit war gewachsen bei der Entwicklung des barrierefreien Weges auf der Krone des neuen Klimadeichs. Dessen Stationen sind bereits in unserem sprechenden Deichkiek so beschrieben, dass auch blinde Menschen diesen Weg selbständig erkunden können.

Momentaufnahme von den Aufbauarbeiten auf dem Klimadeich am 27.04.2020

Was hier entwickelt wurde, soll allen Besuchern der Insel- und Halligwelt nützlich sein. Wer durch das Fernrohr blickt, bekommt erzählt, was er vor den Augen hat – und sogar bei schlechter Sicht erfahren die Interessierten, was sie sehen könnten, wenn die Sicht ungetrübt wäre.

Die Beschreibungen sind mit dem Anspruch entstanden, dass auch blinde Besucher ein Bild von der amphibischen Landschaft bekommen.

Die Beschreibungen in Form von Hörtexten können ausgelöst werden durch die Drehbewegungen des Fernrohrs, aber auch durch die Finger, der die Landschaft auf der beigestellten Relieftafel erkunden.

Möglich wurde die Herstellung des dreisinnigen Aussichtspunktes durch die Förderung aus Mitteln des Fonds für Barrierefreiheit durch den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein und mit Ko-Finanzierung durch die Gemeinde Nordstrand. 

Hier die Mitteilung auf den offiziellen Seiten von Schleswig-Holstein.de.

Nachtrag aus gegebenem Anlass

Eigentlich sollte es Ende April eine feierliche Einweihung geben. In den Corona-Zeiten war dies leider nicht möglich. Aber wenn nun bald die Touristen kommen, erwartet sie ein komplettierter Panoramaweg mit Infotafeln und Verweilplätzen und nun eben auch dem einzigartigen Fernrohr.

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